Kategorie: News  |  27. Mai 2025

Vom Wegwerfprodukt zum zirkulären Designstück – Interview mit Annika Matthaei von der Ehrmann Wohn- und Einrichtungs GmbH

Die Ehrmann Wohn- und Einrichtungs GmbH hat Ende 2022 erfolgreich am CIRCO-Track der efa teilgenommen. In diesem Frühjahr brachte das Unternehmen seine zirkuläre Brand "tutto" auf den Markt – eine Kollektion aus Hockern, Bänken und Kleiderhaken, gefertigt aus Einwegpaletten, die andernfalls entsorgt werden müssten. Durch kurze Transportwege, lokale Partnerschaften und eine durchdachte Verarbeitung gelingt es dem Unternehmen mit den neuen Möbeln, zirkuläres Design, Ressourcenschonung, regionale Produktion und soziale Nachhaltigkeit miteinander zu verbinden. Wir haben mit Annika Matthaei, Abteilungsleiterin Nachhaltigkeit bei Möbel Ehrmann, über die Idee hinter "tutto", die Rolle von Inklusion und die Bedeutung von zirkulärem Wirtschaften für die Möbelbranche gesprochen.
© Annika Matthaei
Annika Matthaei, Abteilungsleiterin Nachhaltigkeit bei Möbel Ehrmann: "Der CIRCO-Track der efa hat maßgeblich dazu beigetragen, unsere Denkweise hinsichtlich zirkulärer Wirtschaftskonzepte zu sensibilisieren."

Frau Matthaei, wie ist die Idee zum Produkt “tutto” entstanden – und warum gerade Einwegpaletten als Ausgangsmaterial?

Bei Möbel Ehrmann in der Logistik werden jährlich viele Tonnen Holz entsorgt. Bei genauerer Analyse ist aufgefallen, dass dieses Holz von Einwegpaletten kommt, auf denen die Lieferanten ihre Ware liefern. Anders, als robuste Europaletten, die in etablierten Pfandsystemen jahrelang im Umlauf bleiben, fehlt Einwegpaletten ein Rücknahmesystem und so landen viele Tonnen Holz im Abfall Container und werden im Besten Fall gedowncycelt.

Unser Geschäftsführer Andreas Ehrmann war der Überzeugung, dass es bessere Lösungen für das Lebensende der Einwegpalette geben muss und hat mit zwei Freunden “tutto” ins Leben gerufen. Tutto nimmt sich diesem Material an und entwickelt hochwertige Designobjekte. Regional, nachhaltig und sozial in inklusiven Werkstätten gefertigt.

Welche Rolle spielte die Teilnahme am CIRCO-Track der efa bei der Entwicklung des Produkts?

Der CIRCO-Track der efa hat maßgeblich dazu beigetragen, unsere Denkweise hinsichtlich zirkulärer Wirtschaftskonzepte zu sensibilisieren, vor allem aus der Perspektive des Händlers, der am Ende der Wertschöpfungskette ist und den direkten Kontakt zum Kunden hat. Neben der Sensibilisierung war aber vor allem der Austausch mit den anderen Partnern während und nach des Circo Tracks sehr bereichernd.

Sie setzen bei “tutto” nicht nur auf nachhaltige Materialien, sondern auch auf kurze Wege und inklusive Produktion. Wie würden Sie den Nachhaltigkeitsansatz von tutto beschreiben?

Wir möchten mit tutto beweisen, dass zirkuläres Design und ein ganzheitlicher Nachhaltigkeitsansatz funktionieren. Daher haben wir für unsere Brand ein umfangreiches Nachhaltigkeitskonzept entwickelt:

  1. Das Material: Jede Einwegpalette beginnt ihr Leben auf der Straße und transportiert Waren zu Möbel Ehrmann – nach der Auslieferung landen diese dann meist im Müll. Anders als robuste Europaletten, die in etablierten Pfandsystemen jahrelang im Umlauf bleiben, fehlt Einwegpaletten ein Rücknahmesystem. tutto gibt diesem Holz ein neues Leben und verwandelt sie in hochwertige Design-Objekte.
  2. Das Design: tuttos sind konsequent an den Maßen und Eigenschaften der Einwegpaletten entlanggedacht mit einer doppelten Zapfenverbindung und ohne eine einzige Schraube. Ein Produkt, das auf maximale Ressourceneffizienz und robustes und langlebiges Design ausgerichtet ist. Palettenholz wird nicht downgecycelt, sondern als wertvoller Rohstoff für hochwertige Massivholzmöbel genutzt.
  3. Das Finnish: tuttos werden ausschließlich mit nachhaltigen Materialien veredelt. Gefertigt mit Holzleim als Verbundmaterial und veredelt mit natürlichem Hartwachsöl und wasserbasierten Beizen.
  4. Die Regionalalität: Die Produkte werden in einem Umkreis von unter 100 km von inklusiven Betrieben für Menschen mit Behinderung produziert. tutto setzt dabei nicht nur auf ökologische Nachhaltigkeit, sondern setzt sich auch auf sozialer Ebene für Inklusion ein.
  5. Die Verpackung: Jegliche Verpackungsmaterialien bestehen zu 100% aus recyceltem Papier
  6. Transparenz und kontinuierliche Verbesserung: Die tuttos sind ganzheitlich nachhaltig produziert. Dennoch entstehen in der Produktion, beim Transport und bei der Verpackung Umweltauswirkungen. Diese messen wir durch einen Produkt CO2-Fußabdruck und werden diesen kontinuierlich reduzieren. Durch den Einsatz von upgecyceltem Material konnte der CO2-Verbrauch eines tutto-Hockers um 1,5 kg reduziert werden im Vergleich zum Einsatz von neuem Holz.

Was raten Sie anderen Unternehmen, die den Schritt in Richtung Circular Economy gehen möchten – auch wirtschaftlich gesehen?

Ich rate Unternehmen, frühzeitig im Designprozess nachhaltige und kreislauffähige Ansätze zu integrieren, da etwa 80 % der Umweltauswirkungen eines Produkts bereits durch das Design festgelegt werden. Gleichzeitig ist es sicherlich die Kunst den “sweet spot” zwischen ökologischen und ökonomischen Zielen zu finden.

Dabei hat der Circo-Track auf jeden Fall geholfen. Und im Austausch mit anderen Unternehmen, die auch an dem Thema arbeiten, entstehen auch gute neue Ansätze. Es ist Pionierarbeit und es ist toll, dass Organisationen wie die efa beim Aufbau unterstützen und so viel wertvollen Input geben!

Wie wichtig ist aus Ihrer Sicht die Rolle des Handels, um Kunden für zirkuläre Produkte zu sensibilisieren und zu begeistern?

Der Handel spielt eine zentrale Rolle bei der Sensibilisierung und Begeisterung der Kunden für zirkuläre und nachhaltige Produkte. Indem wir zeigen, wie viel Mehrwert in einer konsequent zirkulären Produktion steckt, können wir Kunden Nachhaltigkeit erlebbar machen und Kunden begeistern und somit maßgeblich zur Etablierung von zirkulären Wirtschaftsmodellen beitragen.

Frau Matthaei, vielen Dank für das Gespräch.

Weitere Informationen zu “tutto” finden Sie HIER

© Ehrmann Wohn- und Einrichtungs GmbH
Mit ihrer neuen tutto-Kollektion beweist die Ehrmann Wohn- und Einrichtungs GmbH, dass zirkuläres Design und ein ganzheitlicher Nachhaltigkeitsansatz funktionieren.